Ganz anders als mit Muni und Kuh

 

Ein höchst komplexes System. Er habe mindestens die letzten 20 seiner 40 Jahre als Imker gebraucht, um die höchst komplexe Welt und das faszinierende Wesen der Bienen einigermassen zu verstehen und Königinnen sinnvoll und artgerecht züchten zu können, gesteht Marco Paroni lächelnd. Deshalb kann er natürlich auch nicht ganz verstehen, dass Jungimker schon nach zwei Jahren einen nächsten Zuchtkurs belegen und anschliessend züchten können. Aber das sei eine andere Geschichte. Sein Lächeln wird etwas verkrampfter. Das hat seinen Grund. Marco Paroni ist überzeugt, dass viele aktuelle Probleme mit Krankheiten und Leerfliegen in der Imkerei eng mit der Zucht der einzelnen Rassen, der zunehmenden Überforderung vieler Hobbyimker und dem mangelnden Sachverstand der zuständigen Behörden eng zusammenhängen.

 

Das Ei ist schon befruchtet. Das Missverständnis beginne schon damit, dass die Vorgaben und Voraussetzungen für die Zucht des Nutztiers Honigbiene ganz anders seien als beispielsweise in der Rinderzucht: «Wenn ich als Imker züchte und etwas entscheide, ist das Ei schon befruchtet. Ich züchte mit befruchteten Eiern. Ganz anders in der Rinderzucht, die vielerorts noch als Massstab genommen wird. Da habe ich den Muni und die Kuh, die ich nach Belieben zusammenführen kann. Ich kann die Kombination der Befruchtung und damit die Genetik des Kalbes genau bestimmt. Beim Imker ist das nicht so!» Marco Paroni arbeitet in der Bienenzucht also mit dem befruchteten Ei bzw. dem Madli und macht aus diesen neue Königinnen. Diese lässt er dann gezielt mit ganz bestimmten Drohnen, die ganz bestimmten Völkern mit ebenso erprobten Stärken entstammen, begatten. Eine Königin wird von 20 Drohnen begattet, trägt also dann deren verschiedenen Samen als Mix in ihr Volk zurück und befruchtet damit die Eier, die sie täglich zu Tausenden in die Waben des Brutraumes legt. So entwickelt er in seinen neuen Völkern die nötige Widerstandskraft gegen Krankheiten, einen guten Sammeltrieb usw.

 

Reinzucht verhindert genetische Vielfalt. Die Züchter von Buckfast-Bienen fördern laut Marco Paroni ganz bewusst und ganz anders auch als andere gängige Bienenrassen diese genetische Vielfalt: «Die anderen in der Schweiz verbreiteten Rassen, die graue «Kärtner» Honigbiene Carnica und mehr noch die dunkle europäische Biene Mellifera, halten für mich absolut unverständlich an der sogenannten Reinzucht fest. Die genetische Vielfalt nimmt so immer stärker ab und geht letztlich verloren. Bis zum Moment des Totalzusammenbruchs einer Rasse. Dieser Moment scheint mir heute sehr nah zu sein. Das ist Teil der akuten Probleme in der Imkerei und in den Bienenvölkern.»

Genetische Vielfalt sichert das Überleben. Mit dem Bekämpfen der aktuellen Brutkrankheiten und der Varroamilbe allein komme man nicht aus der Sackgasse, ist Marco Paroni überzeugt. Seine eigene Zucht sieht er denn auch als Lebensversicherung des Berufsimkers: «Ich muss als Züchter die Genetik zusammenführen, die mir und meinen Völkern die nötige Widerstandkraft optimal sichert. Das ist sehr komplex und kann bestimmt nicht von heute auf morgen gelöst werden. Aber wir müssen gemeinsam daran arbeiten. Jetzt.» Der Keim liege in den Völkern. Die Völker müssen die nötige Widerstandskraft aufbringen: «Das ist das A und O.» Lesen Sie zum Beispiel hier weiter.

 

 
 
 

 

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